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Krisengebiete


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Vor einiger Zeit hörte ich in einem Radio-Interview den Satz: «Du kannst das eigentliche, das ursprüngliche Problem nicht lösen. Du kannst nur das Akute besser machen.» Daniel Koch verglich seine Arbeit in Kriegsgebieten mit der Corona-Krise.

Das gab mir zu denken. Meine «Arbeit» mit Butch und Mr. A fühlt sich ähnlich an – wie ein Krisengebiet. Sowie die aller Angehörigen von Menschen mit chronischen, degenerativen Beeinträchtigungen.


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Wenn es still wird im Krisengebiet


Unser Krisengebiet liegt in den eigenen vier Wänden, im Verborgenen, Inneren, Alltäglichen. Und es ist ein Krisengebiet auf Dauer. Keines, das man nach ein paar Monaten wieder verlassen darf, weil man abgelöst wird oder im besten Fall, weil die Krise vorbei ist.


Die meisten Menschen machen einen grossen Bogen um Krisengebiete, wenn sie können. Das ist verständlich. Wer will da schon hin. Wir, die wir mittendrin sitzen, kriegen das deutlich zu spüren: Anfangs halten die Kontakte aus guten Zeiten noch. Aber die Hemmschwellen und die empfundene Hilflosigkeit nehmen zu und folglich die Besuche im Krisengebiet ab. Mit der Zeit wird es stiller, und irgendwann reisst so mancher Faden einfach ab.


Mr. A ist ein Marathonläufer


Drei meiner wichtigen persönlichen Learnings der letzten 13 Jahre sind:

Erstens: Du kannst einen Marathon nicht laufen wie einen Sprint. Wenn du dich ständig bis an deine Grenzen treibst, wirst du irgendwann nicht mehr weitermachen können. Ein Marathon erfordert Geduld, Pausen und die Fähigkeit, die eigenen Kräfte einzuteilen.

Zweitens: Es geht nicht darum, zu gewinnen. Es geht einfach darum, auf eine gute Art weiterzumachen. Würdig und lebenswert. Das muss genügen. Den «richtigen» Weg siehst du oft erst später – und das ist völlig in Ordnung. Was heute funktioniert, mag morgen schon nicht mehr greifen.

Drittens: Verabschiede den Perfektionismus. Freude findet man auch im Unperfekten immer wieder.


Baue deine eigenen Brücken


Isolation kommt schleichend. Freunde und Familie ziehen sich zurück. Mir hat das oft weh getan. Ich war wütend und voller Groll. Doch sie tun das nicht aus Bosheit oder Desinteresse, sondern meist aus Überforderung. Was bleibt, ist Stille. Und du sitzt mittendrin. Da musst du was tun! Warte nicht darauf, dass andere wissen, was du brauchst – sag es ihnen. Gib deinem Umfeld einfache Gelegenheiten, wieder in Kontakt zu kommen. Ein Spaziergang, ein gemeinsamer Kaffee – nichts Aufwendiges. Hauptsache, der Faden reisst nicht.


Und: Du musst nicht ständig in deinem Krisengebiet verharren. Schaffe dir bewusst Freiräume, zu denen Mr. A keinen Zutritt hat. Geh raus, atme durch, und finde Aktivitäten, die dir einen echten Abstand bieten. Du wirst merken, wie wichtig diese Auszeiten sind, um gestärkt zurückzukehren.

Nichts ist wichtiger als deine Kraft!

Deine Superkräfte finden


Krisengebiete zwingen uns, über uns hinauszuwachsen – auch wenn wir es nicht sofort merken. In dir stecken Kräfte, von denen du keine Ahnung hast. Eine der grössten ist die Fähigkeit, im Ungewissen einen klaren Kopf zu bewahren. Es mag sich unmöglich anfühlen, doch das ist es nicht. Wie? Mit konkreten Schritten.


  • Rituale schaffen: Du brauchst etwas, das dir Halt gibt, wenn alles andere ins Chaos abdriftet. Mir helfen Rituale dabei. Journaling, Meditation oder eine einfache Morgenroutine – solche Gewohnheiten strukturieren meinen Tag und geben mir Sicherheit, wenn um mich herum nichts stabil ist.

  • Coaching: Niemand muss allein kämpfen. Coaching kann dir helfen, flexibel zu bleiben und deine mentale Stärke aufzubauen. Du findest Werkzeuge, die genau für dich passen. Womit ich in meinen Coachings arbeite, hilft immer auch mir selbst.

  • Vertrauen stärken: Findet er den Weg nach Hause? Stellt er die Herdplatte ab? Kriegt der Hund zu fressen? Vertrauen ist essentiell. Und ja, man kann es trainieren.


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Du musst nicht den ganzen Weg sehen – es reicht, wenn du den nächsten Schritt erkennst und darauf vertraust, dass der Rest sich ergibt.



Kleine Schritte statt grosser Sprünge


Im Leben mit Mr. A verändert sich ständig alles. Das ist vergleichbar mit der Entwicklung eines Kindes. Kaum hast du dich an eine Phase gewöhnt, wächst es heraus, und du musst dich wieder neu einstellen. Aber genau das ist der Weg. Du musst nicht alles auf einmal lösen – Perfektion hat hier keinen Platz. Alles, was den Alltag mit Mr. A auch nur ein kleines bisschen leichter oder schöner macht, ist ein Sieg. Jeder kleine Schritt zählt.

Ganz ehrlich: Ich finde es oft schwierig, damit zufrieden zu sein. Doch wenn es mir gelingt, geht es uns allen besser.



Kraft im Krisengebiet


Ein Marathon läuft man nicht allein, auch wenn es sich manchmal so anfühlt. Hinterlasse einen Kommentar, melde dich für meinen Newsletter an, oder schreibe mir: Ich helfe dir gern dabei, wie du Schritt für Schritt deine Superkräfte stärkst und neue Wege findest – im eigenen Tempo und auf deine Weise.


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