Wie habe ich das verdient?
- Sabine Krippendorf
- Sep 4
- 2 min read

Kennst du diese Frage? Butch stellt sie mir oft. Wir haben 2008 geheiratet und leben seit 2010 mit Mr. A, wie er seine Alzheimer-Erkrankung selbst einmal genannt hat. Das war vor 13 Jahren, er war 59. Er schlägt sich immer noch tapfer. Und ich begleite ihn auf seinem Weg.
Das Hadern hat nie wirklich aufgehört. Es taucht immer dann auf, wenn er sich gegen das, was ist, auflehnt .
Warum ich? Warum ausgerechnet ich?
Es sind nicht nur die grossen Dinge, die ihn verzweifeln lassen, sondern oft die kleinen: Ein Niesanfall, ein gestohlenes Fahrrad, die verlorene Badehose, oder Schatten an seinem Platz, wo doch gleich nebenan die Sonne scheint. Einfach irgendetwas ausserhalb seiner Kontrolle, das nicht perfekt ist. Dann fragt er: „Wie habe ich das verdient?“
Früher habe ich versucht, dagegen anzureden. Das hat ihn nur noch mehr angespornt. Hadern beschreibt ja eine tiefe Unzufriedenheit mit Umständen, die man nicht ändern kann.
Wer hadert, lässt sich davon nicht so leicht abbringen.
Ich habe diese lähmende Energie jedes Mal übernommen. Für mich war das toxisch. Sie setzte sich fest und raubte mir die Kraft.
Heute habe ich verstanden, dass dieses Hadern für Butch eine Art Waffe ist: Es gibt ihm das Gefühl, gegen Mr. A kämpfen zu können. Wenn ich also versuche, sie ihm wegzunehmen, wehrt er sich und wird trotzig, fühlt sich unverstanden und grenzt sich ab. Es ist, als ob das Hadern ihn stützt, und sobald ich versuche, es zu beseitigen, findet er umgehend etwas anderes, das er nicht verdient hat und hält sich daran fest.
Aber mal ehrlich: Können wir uns Gesundheit wirklich verdienen? Können wir beanspruchen, glücklich zu sein, wenn wir etwas richtig machen?
Die Frage „Warum ich?“ macht einfach keinen Sinn.
Als ob wir es uns erarbeiten könnten, gesund zu sein. Geliebt zu werden. Nicht beklaut zu werden. Immer an der Sonne zu sitzen. Nie mehr niesen zu müssen...
Wenn wir uns mit Ansprüchen an das aufhalten, was uns vermeintlich zusteht, verpassen wir das Jetzt. Den einzigen Moment, in dem Leben wirklich stattfindet.

Dafür sorgt unser Gehirn, wenn wir es lassen: Es scannt ständig unsere Umgebung nach möglichen Missständen ab, um uns zu beschützen. Das Negative rechtzeitig zu sehen ist seine Hauptaufgabe, denn das hält uns am Leben.
Und das Positive? Das bleibt oft unbemerkt, weil es ja keine Bedrohung darstellt.
Freude, das bewusste Erleben der schönen Momente, kommt nicht immer von allein.
Freude ist eine Haltung und die lässt sich trainieren.
Mit kleinen Ritualen zum Beispiel. Sie können uns helfen, diese Freude zu kultivieren und den Fokus von den vermeintlichen Ungerechtigkeiten des Lebens wegzulenken.
Nichts, was wirklich zählt, können wir uns verdienen. Oder es festhalten. Alles ist geschenkt.
Haderst du auch manchmal?
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